Auf den Rat eines in Irkutsk lebenden Belgiers hin haben wir spontan beschlossen, die Tagesausflugspläne die wir von Irkutsk aus hatten, zu knicken und stattdessen drei Tage auf die Insel Olkhon zu fahren – die größte und auch einzige bewohnte Insel im Baikalsee (70 km lang, 1500 Bewohner).
Landschaftlich wunderschön hat dieser Ausflug uns auf jeden Fall für Irkutsk entschädigt – touristisch steht die Insel der Stadt leider inzwischen in nichts mehr nach sondern macht ihr ernsthafte Konkurrenz.
Es gibt nur eine Stadt auf der Insel und sonst noch ein paar verstreute Häuser, wenn fünf zusammenstehen, nennt sich das dann „Dorf“.
Auch die Stadt ist überschaubar – durchquert hat man sie in jede Richtung in etwa zehn Minuten zu Fuß. Befestigte Straßen gibt es nicht, aber braune Erdspuren die sich dort durch die Wiesenlandschaft ziehen, wo eben alle Autos sie durchfurchen. UND es gibt keinen Geldautomaten!!! Und das ist quasi ein Wunder, denn die Dinger sind sonst so unglaublich omnipräsent, dass man meinen könnte, Russland besteht aus gar nichts anderem.
Bis vor einigen Jahren gab es hier noch keinen Strom, aber das hat sich geändert. Fließend Wasser ist zwar noch nicht, durch das Naturschutzgebiet, das die Hälfte der Insel ist, rollen aber täglich Dutzende von Minibussen, die Hunderte von Touristen in einer Massenabfertigung von einem Felsen zum nächsten karren, damit jeder mit seinem Lieblingsstein ein wunderbar inszeniertes Selfie für Daheim machen kann.
Abends gibt’s Unterhaltungsprogramm direkt im Guesthouse oder in der Festhalle – ein Zirkuszelt im Rande der Stadt.
Der Baikalsee wirkt eher wie Meer, was bei der Größe nicht verwunderlich ist. Er ist an der tiefsten Stelle ca. 1,6 km tief, 82 km breit und 673 km lang und benimmt sich auch wie ein Meer – Wellen sind möglich und es gibt Sandstrände. Das Wasser ist so klar, dass man an manchen Stellen wohl bis zu 40 Meter tief sehen kann.
Die Insel ist so eine seltsame Mischung aus Unberührtheit und touristischer Überfüllung. Die Zivilisation ist irgendwie nur in Brocken angekommen (im der Stadt Stehen Colakühlschränke, daneben grasende Kühe und nach einer westlichen Toilette sucht man eher vergeblich – übrigens haben wohl sehr viele Menschen nicht die Fähigkeit, ein 60-cm-Loch im Boden zu treffen…). Man kann stundenlang in einem Kleinen Truck darüber holpern (bevor wir hier waren, hatten wir wirklich keine Ahnung, was das Wort Schlagloch bedeutet. Wirklich. Keine.) und sieht Herden von Kühen und Pferden, die mitten im Nichts seelenruhig grasen.
Auch für viele Russen ein Naherholungsgebiet, immer wieder sieht man am Ufer ein aufgeschlagenes Zelt.
Insgesamt also Landwirtschaftlich wirklich wunderschön, die Touristenabfertigung aber mächtig abstoßend. Bleibt zu hoffen, dass das alles so nicht in kürzester Zeit ruiniert wird.